Ihr lest die Überschrift schon richtig: Nachhaltigkeit – Warum nicht? Diese Frage hat 2 Seiten, über die ich heute diskutieren möchte. Nachhaltigkeit ist ein alles-oder-nichts Thema. Viele finden, es ist überflüssig nachhaltig zu handeln, wenn man das nicht zu 100% machen kann. So verstehen sie überhaupt nicht, warum ich mit dem Auto zum Bioladen fahre. Andererseits können sie mir nicht erklären, inwiefern es logischer ist mit dem Auto zu einem der 4 großen Supermarkt Ketten Deutschlands zu fahren. Die andere Seite des Titels Nachhaltigkeit – Warum nicht DOCH?
Nachhaltigkeit löst bei der Bevölkerung viele Emotionen aus
Die stärksten Emotionen, die Menschen empfinden, wenn das Thema Nachhaltigkeit aufkommt, sind: wütend, erschrocken, traurig, angewidert, achtsam und auch akzeptierend. Wie schon beschrieben: Entweder man ist komplett nachhaltig oder akzeptiert, dass man es gar nicht erst sein kann. Auch deshalb gehen die Diskussionen heißt her.
Seltsamerweise werden meistens diejenigen Menschen angegriffen, die nachhaltig handeln und einkaufen. Sie müssen sich gerne und oft rechtfertigen, warum sie diese Entscheidungen treffen. Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der eine lange Erklärung abgegeben hat darüber, warum er eine Plastiktüte voller in Plastik verpackter Lebensmittel vom A**I in der Hand hält.
Aber ich wurde schon öfter hier aufgefordert mich zu erklären, ob ich denn zu 100 % den Ursprung meines Biostromes kenne. Einerseits frage ich mich: „Was willst du von mir?“ Und andererseits: „Was geht dich das denn an?“ Dicht gefolgt von: „Lagerst du bei dir strahlendes Uranium von der Atomenergie, die du unterstützt?“
Ihr seht: Meine vorrangige Emotion dem Thema Nachhaltigkeit gegenüber ist Unverständnis und oft Ärger. Dabei drehen sich meine Gedanken mittlerweile komplett im Kreis. Denn Nachhaltigkeit ist nicht nur Ökotussi-Getue und Umweltschutz. Nachhaltigkeit würde auch endlich die klaffende Lücke zwischen Arm und Reich schließen – ich sage nur das deutsche, fantastische Rentensystem!
Nachhaltigkeit – Warum nicht?
Es gibt viele Gründe, weshalb Nachhaltigkeit für Menschen nicht in Frage kommt. Ich kann sie verstehen. Manchmal fasse ich mir auch an den Kopf und denke mir: „Wozu mache ich das alles?“ Denn wenn wir uns darauf konzentrieren wollen, dann ist die Welt eine Schlechte und Böse.
Gründe, warum Nachhaltigkeit nicht Teil des Lebens sein sollte
- Ein nachhaltiges Leben ist nicht bequem: Sich nachhaltige Wege zu bahnen, ist zeitaufwändig. Unsere Konsumgesellschaft ist nicht darauf getrimmt alles selber herzustellen.
- Nachhaltigkeit und Sparsamkeit sind ein teurer Spaß: Das kann jeder bestätigen, der regelmäßig in Bioläden einkauft: Man kauft wenige Nahrungsmittel für großes Geld. Man spart sich damit die Ressourcen, verschwendet keine Lebensmittel. Bezahlen wird man jedoch dasselbe.
- Zu viel Ressourcen sparen führt zu höheren Kosten: Ich weiß, das ist ein Scherz unserer Wirtschaft. Meine Freundin hat mir vor Jahren erzählt, dass sie mit ihrem Mann so wenig Strom verbraucht haben, dass sie eine Strafzahlung erhalten haben und seitdem eine höhere Grundgebühr zahlen müssen. Wer das für Fake News hält, möge sich bitte folgendes Video anschauen.
- Einkaufen von Kleinunternehmen ist teurer: Wenn die Waschmaschine im Einzelhandel 30% teurer ist, können sich das viele überhaupt nicht leisten. Das sind mehrere Hundert Euro Unterschied. Das schreibe ich, deren Waschmaschine kurz vor dem Herzversagen steht.
- Ein nachhaltiges Leben erfordert Einschränkungen und Verpflichtungen, die mit dem alltäglichen Leben nicht vereinbar sind. Ich kenne sehr wenige Menschen, die Vollzeit arbeiten, 2 Kinder auf die Welt bringen, mit Stoffwindeln wickeln, jeden Tag selber kochen, backen, sich aus dem Garten selbst versorgen und für alle Erledigungen ein Fahrrad verwenden.
Nachhaltigkeit – Warum nicht DOCH?
Oft und gerne betone ich, dass ich ein gemütlicher, fauler Mensch bin. Und das ist auch wirklich so! Ich kann mich momentan einfach z.B. nicht dazu aufraffen den Autoschlüssel zu Hause zu lassen. Klar, ich habe Gründe, Ausreden. Dabei hätte dieser Aspekt viele positive Effekte.
Gründe, warum Nachhaltigkeit sehr wohl Teil des Lebens sein sollte
- Mehr frische Luft und Fitness
- Man spart Zeit (wirklich!): Ich fahre nur noch alle 3 Monate zum Wertstoffhof, weil ich kaum noch Leichtverpackungen habe. Außerdem stehe ich beim Bäcker nicht in der Schlange und sehe auf einen Blick, welche Nahrungsmittel sich im Kühlschrank befinden. Einkaufen mit mir? Dauert 5-10 Minuten lang und das 1-2 Mal die Woche.
- Man spart Geld: Das tägliche Bio-Frühstück kostet uns pro Kopf 9,50 € in der Woche – inklusive Belag.
- Jetzt werde ich etwas esoterisch: selbst Gekochtes und Gebackenes hat eine ganz andere Energie. Versuch es mal mit selbst geerntetem Obst und Gemüse: Es sättigt viel mehr, denn du weißt, welche Arbeit dahintersteckt.
- Du bist nicht alleine auf dieser Welt! Unsere Bequemlichkeit kostet anderen Menschen, Tieren und Pflanzen den Lebensraum.
Nachhaltigkeit – Das alles oder nichts Prinzip muss endlich verschwinden
Da diese Überzeugung uns alle nicht weiterbringt, wäre es dringend an der Zeit die Einstellung zu ändern. Ich behaupte nicht, dass man von heute auf morgen sein Leben umstellen soll oder kann. Auch werde ich nach wie vor mich nicht vor dich hinstellen, kritisch in deine Einkaufstüte blicken und eine Schimpftirade loslassen.
Wenn wir endlich wollen, dass unsere Welt – ach fangen wir doch bei unserem Land an – eine gerechtere wird, dann sollten wir doch alle zusammen helfen und eben auf die Kleineren achten. Verzagt nicht, nur weil es nicht perfekt ist – seid ihr perfekt? Also ich nicht!
Kleine Firmen machen nicht alles richtig. Aber es gibt bei ihnen zumindest Aspekte, die sie bewegen: Sei es eine faire Bezahlung und Jobs im Umfeld, nachhaltigere Rohstoffe oder höhere Steuern. Das sind Dinge, um die müssen sich die großen, etablierten Firmen nicht kümmern und machen das auch nicht. Und trotzdem kaufen die Menschen lieber bei ihnen ein, weil ihnen die kleine Marke nicht perfekt genug und auch zu teuer ist.
Dein nachhaltiges Leben wird dir die Gegenwart verdeutlichen und deine Zukunft verbessern – davon bin ich fest überzeugt!
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Hallo Izabella,
ich finde, dass es absolut notwendig ist, den Menschen um sich herum die Augen für die „Probleme“ auf unserer Erde zu öffnen.
Im Gegensatz zur öffentlichen Meinung bin ich allerdings nicht der Ansicht, dass es allein in der Verantwortung des Konsumenten liegt, etwas zu verändern. Der nimmt in der Regel, was er bekommt. In erster Linie ist hier oft der Preis ausschlaggebend, wie Du auch im Artikel angedeutet hast. Hier im großen Stil das Bewusstsein für ein nachhaltiges Leben zu schaffen, halte ich für einen Kampf gegen Windmühlen – obwohl viele schon ihr bestes geben, um ökologisch zu leben und auch der Handel die Signale erkannt hat (leider aus dem „falschen“ Grund: Profit).
Meiner Meinung nach sollte das Bewusstsein dafür, dass unsere Erde unser Lebensraum ist und wir die Verantwortung dafür tragen, dass auch unsere Nachfahren auf einem sauberen Planeten leben können, bei den Produzenten ankommen. Das betrifft die Bauern, die noch konventionelle Landwirtschaft betreiben, genauso wie die Hersteller von Verpackungen und Plastikgerümpel in China oder die Betreiber von überfüllten Fischfarmen. Wir „Konsumenten“ können mit unserem Kaufverhalten lediglich einen Teil dazu beitragen, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte nachdenken.
Zum Glück haben wir als Eltern für unsere Kinder eine Vorbildfunktion, wodurch sie ganz selbstverständlich mit den Themen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Ökologie in Berührung kommen. Leider ist auch das bei vielen Familien nicht so.
Trotzdem: Ich finde es gut, wenn es jemandem bewusst ist, welche Auswirkungen sein Handeln auf die Natur und seine Mitlebewesen hat und, dass man Geld nicht fressen kann. Daher: Hut ab vor jedem, der sich bemüht, nachhaltig zu leben!
Danke für den Beitrag!
Liebe Grüße
Patrick
Vielen Dank für deinen Kommentar, Patrick!
Liebe Izabella,
vielen Dank für Deinen Artikel. Ich finde immer, Du bringst es so schön auf den Punkt. Schon oft musste ich mich wegen meiner Einstellung zur Nachhaltigkeit rechtfertigen und Leute haben mit viel Freude mein Leben auf Unstimmigkeiten abgeklopft. Es gibt allerdings auch positive Seiten und mehr und mehr sehen mittlerweile ein, dass sich etwas dramatisch ändern muss. Ich freue mich immer über Deine Artikel und danke für Deine viele Erfahrung, die Du mit uns teilst.
Margarete
Vielen lieben Dank für deine schönen Worte!
Liebe Izabella,
Danke für Deine Artikel, die mich inspirieren.
Zwar habe ich nicht mein Julchen in Stoffwindeln gewickelt, aber ich hab mir meine Binden selbstgenäht.
Du sagst, du kennst nicht viele Personen, die vollzeit arbeiten, sich selbst versorgen, selber kochen, backen und dazu noch zur Arbeit radeln. Tja… ich radle nun mal nicht, weil ich mit dem Auto fahre (wohne ländlich).. aber … ich arbeite vollzeit, habe eine Tochter (in Frankreich ist es quasi die Norm, mit Kleinkind zu arbeiten, die Familienpolitik ist hier ganz anders) und versorge uns das Jahr durch mit Gemüse und Obst aus dem Garten. Immer mehr meiner Kollegen entscheiden sich für den selben Weg. Jeder macht dabei, was er kann, auch wen es nur kleine Schritte sind.
Ich habe aktiv mit dem Garten angefangen und dann kamen neue Ideen dazu : mehr Selbstversorgung, mehr Zeit, aktiv etwas für die Umwelt tun.
Wir machen unser Bestes, doch haben auch entschlossen, nicht perfekt zu sein. Ich habe immer, auch wenn nur eine einzige Packung Kekse im Naschfach liegen, falls es irgendwie nicht mit dem backen klappt. Seit Januar haben wir nur einmal auf diese Lösung zurückgegriffen. Aber zu wissen, dass es sie gibt, erlaubt den Alltag etwas gelassener zu sehen. Früher haben wir Brot selbst gebacken, aber dazu bin ich etwas faul geworden, weil unser Dorfbäcker einfach Spitze ist.
Alles Liebe aus dem Elsass, ganz nah vom Rheinufer.
Caroline
Liebe Caroline,
Vielen Dank für deinen schönen Kommentar und eine andere (ausländische, soll ich lieber fremdländische, ach egal, das ist NICHT böse gemeint) Perspektive! Ich finde es bewundernswert, dass du dir so viel Zeit nimmst für deinen Garten und somit auch für deine Familie! Ihr seid nicht perfekt? Oh bitte! Na und? Ich auch nicht 🙂
Viele liebe Grüße, Izabella
Liebe Izabella,
Danke für Deine Antwort. Ja, ich habe beschlossen Zeit zu nehmen, daher der Garten. Hatte fast „nen Burnout . Ich hab‘ alle Projekte fertiggemacht und dann beschlossen, langsam aber sicher mehr Zeit für uns zu nehmen.
Keine Sorge, ich nehme das nicht schief auf, mit dem „ausländisch“. Ich bin eh wie ein Knödel, halb und halb : Deutscher Papa, Elsässische Mutti. Ich bin in Deutschland geboren und wurde in Frankreich eingeschult. Ich fühle mich beides, wobei ich manchmal zu Deutsch für ’ne Französin ticke und bin zu „franzmässig“ für manche Dinge in Deutschland. Ich bin sehr froh, diese Doppelkultur zu haben und gebe sie auch meiner kleinen Maus weiter. Es ist so eine Chance im Leben…
Danke noch einmal, dass Du deine Erfahrungen mit uns teilst – somit erfahre ich Neues, habe Kontakt zu meiner Muttersprache und auch andere Ideen zur Nachhaltigkeit. Bei uns gibt es zum Beispiel gar kein „Coffee to Go“ – aber andererseits gibt es Leergutflaschen nur im Elsass und nicht in den anderen Regionen Frankreichs 🙂 Ist schon interessant, so kulturelle Unterschiede festzustellen.
Ich teste auch so manches von Dir, wie die Butter zum Beispiel.
Ich freue mich schon auf Deine nächste Artikel 🙂
Alles Liebe aus dem schönen – aber zur Zeit veregnetem – Elsass
Deine Caroline
Danke danke danke 🙂 Solche Worte tun mir sehr sehr gut! Das mit dem „ich passe weder zu dem noch zu dem“ kenne ich total: Geborene Ungarin, aufgewachsen in Deutschland. Da treffen 2 Welten aufeinander 😉
Viele liebe Grüße, Izabella